Geschichte des Klosters Heiningen

Quelle: Für diesen Text wird im Wesentlichen auf die Dissertation von Tadday (1966) über das Augustinerinnen-Kloster Heiningen zurückgegriffen. Die Geschichte des Klosters wird in 3 Abschnitten in Auszügen aufgezeigt, wobei besonders die räumliche und bauliche Entwicklung dargestellt werden.

Jahr 1013 - 1810

Über die Gründung des Klosters Heiningen berichtet eine Urkunde Kaiser Heinrichs II. Aus dem Jahre 1013 und eine Gründungslegende, die in 3 Fassungen überliefert ist. Am wahrscheinlichsten scheint, dass um das Jahr 1000 von 2 adligen Frauen, Hildeswid und Alburgis, vermutlich aus dem Geschlecht der Billungen, ein Kanonissenstift zu Ehren der Gottesmutter und des heiligen Petrus gegründet und mit beträchtlichem Grundbesitz ausgestattet wurde. Weiterführende Angaben zur Gründungslegende sind bei Tadday (1966, S. 13 ff.) nachzulesen. Das Kloster wurde nicht in der Wildnis oder Einsamkeit gebaut, wie damals üblich, sondern im "opido Heningi dicto": Nach Tadday, S. 21 - 22, hat es sich hierbei wahrscheinlich "um einen kleinen befestigten Herrensitz gehandelt, der wegen seiner verkehrsmäßig günstigen Lage und wegen seiner Nachbarschaft zur Pfalz (Kaiserpfalz Werla, d. Autor) als Mittelpunkt der neuen Stiftung gewählt wurde. Bischof Bernward von Hildesheim erwirkte für die Neugründung in Rom von Kaiser Otto III ein Schutz- und Immunitätsprivileg.

Das Absinken der Klosterzucht führte 1126 zur Einführung der Regeln des Augustinerordens, wobei die Einführung der Klausur die wichtigste Neuerung war. In den nachfolgenden Jahrzehnten nahm die Bedeutung Heiningens innerhalb der Diözese zu, 1140 wurden dem Probst von Heiningen die Archidiakonatsrechte über das Kloster und Dorf Heiningen verliehen (ebenda S. 31), woraufhin der Probst von Heiningen nur noch dem Bischof unterstand. Im Jahre 1174 wurden dem Probst zusätzlich die Archidiakonatsrechte über einige andere Kirchen übertragen. Diese Rechte währten jedoch nicht lange, so dass das Kloster Heiningen innerhalb der Diozese Hildesheim nur kurze Zeit eine bedeutende Rolle spielte. Aus dem Jahre 1178 ist ein Güterverzeichnis des Klosters Heiningen überliefert, in dem aufgezeigt wird, daß neben anderen Besitzungen zwei Güterzentren zu unterscheiden sind, nämlich Ländereien im Bistum Halberstadt und Ländereien in Heiningen. Bis auf 7 Hufe (altes Flächenmaß) Land war hier alles im Klosterbesitz. In den nächsten Jahrzehnten versuchte das Kloster, seine Besitzungen zu arrondieren und abgelegenen Besitz zu verkaufen. 1292 wurden die Besitzungen im Bistum Halberstadt verkauft, seitdem konzentriert sich der Besitz eindeutig um Heiningen.

Im Jahre 1344 kauft das Kloster Heiningen die Vogtei und das Dorf von dem Geschlecht der Asseburger. Trotz dem hierdurch erzielten finanziellen Gewinn nimmt das ganze 14. Jhd. hindurch die wirtschaftliche Stärke des Klosters ab. Dieser Niedergang dauert bis zur Windesheimer Reform 1451 an und ist zuletzt mit steigender Verweltlichung und wachsenden Privateinnahmen der Nonne verbunden. Ergebnis der Reform sind wirtschaftlicher Aufschwung und die Verbesserung der sittlichen und religiösen Zustände. 1472 konnte das Kloster bereits wieder über 100 Menschen ernähren.

Seit etwa 1500 ist belegt, dass die Novizinnen beim Eintritt ins Kloster eine Mitgift zahlen mussten, deren Höhe stark schwankte. Der Standpunkt des Klosters bezüglich der Notwendigkeit einer Mitgift war natürlich berechtigt, denn jedes Mädchen, das heiratete, bekam eine Aussteuer. Wer also zu arm war, konnte nicht in das Augustinerchorfrauenkloster eintreten, das mehr und mehr zur Versorgungsanstalt für die unverheirateten Töchter mittelständischer Familien werden sollte. (ebenda S. 105).

Unter der Priorin Elisabeth Terwins wurde das Kloster in den Jahren 1481 - 1519 gründlich renoviert, u.a. wurde ein neues Brauhaus und Dormitorium gebaut. Die Annalen berichten 1519 von der Weihe des neuen Klosters (ebenda S. 113). Von 1519 bis ca. 1650 sind die entscheidenden Ereignisse der Klostergeschichte zum ersten Mal eng mit der großen politischen Geschichte (Reformation) verflochten. Als Folge der Hildesheimer Stiftsfehde (1519 - 1523) kommt Heiningen 1523 vom Bistum Hildesheim an das Herzogtum Braunschweig - Wolfenbüttel. Der Versuch des Herzogs, die Herrschaft über das Kloster zu festigen, scheiterte im Jahre 1542. Eine Koalition von Anhängern des Schmalkaldischen Bundes vertrieben Heinrich aus seinem Land und plünderten das Kloster. Dieses wurde reformiert, jedoch im Jahre 1547 durch die Rückkehr Heinrich des Jüngeren rekatholisiert. Im Jahre 1569 erfolgte die zweite Reformation des Klosters Heiningen. Diese war nicht so radikal wie diejenige von 1542, denn sie war auf die wirtschaftliche Konsolidierung angelegt. Das Kloster sollte vor allem als Einnahmequelle des Besitzers dienen. Die steigenden finanziellen Forderungen konnten nur durch die Verminderung der Zahl der Klosterfrauen aufgefangen werden (ebenda S.139).

Durch das Resitutionsedikt wurde das Kloster Heiningen 1629 wieder katholisch und von den Augustinern der Windesheimer Kongregation übernommen. Die weltliche Verwaltung wurde 1642 wieder dem Hildesheimer Bischof unterstellt. Die Zeit des Dreißigjährigen Krieges in Deutschland (1618 - 1648) führte das Kloster in Elend, Verschuldung und Zerstörung. Der Wiederaufbau benötigte ein halbes Jahrhundert. 1661 waren eine Scheune und eine Okerbrücke erbaut, sowie Kirche, Kreuzgang, Mühle, Brauhaus und Stallungen renoviert (ebenda S., 188). In den Jahren danach wurden einige Wirtschaftsgebäude neu errichtet (ebenda S. 188), der Kreuzgang ausgemalt. Ab 1663 wurde unter Probst Heubs die Renovierung von Zellen, Refektorium, Brücke, Torweg und Brauhaus fortgesetzt (ebenda S. 190). In der Zeit des Probstes Theodor Molitaris wurde eine neue Probstei errichtet. Wegen des morastigen Untergrundes war eine kostspielige Pfahlgründung notwendig. Bis zu seinem Tode im Jahr 1697 war der Wiederaufbau des Klosters im wesentlichen abgeschlossen (ebenda S. 193). Das Kloster wurde aus eigener Kraft wieder zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor, zu einem Zentrum des Kunsthandwerkes und einer Stätte der Frömmigkeit und des Gebets. Die Einflüsse der großen Politik waren jedoch vorbei, die Wirkung des Klosters beschränkte sich auf die unmittelbare Umgebung.

Jahr 1810 - 1982

Das frühe 19. Jhd. bringt das Ende für das Kloster Heiningen. Im Jahre 1802 bekommt Preußen von Frankreich das Bistum Hildesheim als Kompensation für Gebietsverluste zugesprochen. Eine sofortige durchgeführte Vermögensaufnahme kam zum Ergebnis, dass das Kloster Heiningen wirtschaftlich gesehen unter den 17 Hildesheimer Klöstern an erster Stelle stand. Im Besitz des Klosters waren 1160 Morgen Ackerland, zusätzlich 506 Morgen beim Vorwerk Altenrode und Meierländereien in 20 umliegenden Dörfern in unbekannter Größenordnung. Zu den Äckern kamen 228 Morgen Wiese, 523 Morgen Anger, 34 Morgen Gärten, 760 Morgen Wald und 11 Morgen Teiche. Außerdem besaß es Fischereien, Jagd-, Most-, Weide- und Baurechte (ebenda S. 225 - 226). Mit 103 Bewohnern hatte es die meisten Bewohner der 17 Klöster.

Nach der preußischen Niederlage gegen Frankreich fällt Heiningen an das neugegründete Königreich Westfalen. Die durch den Krieg bedingte chronische Finanznot des Königreichs führte zu immer neuen Steuerforderungen und zum wirtschaftlichen Niedergang des Klosters. Die seit 1802 in der Luft schwebende Aufhebung des Klosters wird 1810 Wirklichkeit. Der Amtsrat Samuel Markwort kaufte mit Ausnahme des Kirchengebäudes das gesamte Kloster. Am 7.3.1810 wurde das Kloster aufgehoben.

Bis auf den neuen Besitzer hatte kein Privatmann Vorteile aus der Säkularisation. Das Kloster hatte regelmäßig seine Steuern gezahlt, es hatte karitative Arbeit geleistet, es hatte für die Ausbildung der Angehörigen seiner Konfession und für den Gottesdienst Sorge getragen. Das alles entfiel durch die Auflösung des Klosters.

Nach dem Tode des Amtrates Markwort kam das Gut an die Familie Degener, in deren Besitz es sich noch heute befindet. Die Zehntscheune, die Probstei und der Schweinering auf dem ehemaligen Klosterhof sind abgerissen worden. Von den Klausurgebäuden ist nur noch ein kleiner Rest erhalten, der Kreuzgang wurde geschlossen und in Zimmer umgebaut. Neu gebaut wurden Teile der Kulksburg und die Wagenremise der alten Schmiede. Diese Veränderungen lassen sich auf die Jahre zwischen 1857 und 1861 datieren. Nach Hinz (1969) wurden westlich und östlich des Herrenhauses und ehemaligen Priorenhauses, um 1810 - 1820 ein Landschaftspark angelegt, der sich östlich bis zum Park am Bruche ausdehnte. Die heutige Ausstattung des Parks am Herrenhaus lässt die Entstehung etwa Mitte/Ende des 19. Jdh. vermuten. Nördlich der Gutsgebäude hatten der Küchengarten und der Inselgarten einen parkähnlichen Charakter. Der Gutshof wurde vermutlich schon sehr früh repräsentativ gestaltet. Die heute vorhandene Anlage lässt sich in die Jahrhundertwende zum 20. Jdh. datieren. In der folgenden Zeit fand mit Ausnahme des Abrisses der Brauerei ca. 1955 keine entscheidende Veränderung an den Gebäuden statt. Nach der völligen Abwirtschaftung des Gutes im Jahr 1982 wurden alle Ländereien sowie einige Teile des Gutsgeländes verkauft. Der Resthof ging an Andreas Degener über.

Jahr 1982 - Gegenwart und Perspektiven

Von 1982 bis 1992 war im ehemaligen Priorenhaus ein Tagungshaus beheimatet. 1992 hat die Elterninitiative Taka-Tuka-Land e.V. einen Kindergarten gegründet, in dem seither 10 –12 Kinder von 18 Monaten bis zur Einschulung betreut werden. (in einem Teilgebäude der Kulksburg) Zwei Zimmereibetriebe und eine Landschaftgärtnerei sind auf dem Hof angesiedelt. 1985 wurde mit dem Aufbau einer Milchviehherde als Grundlage für eine ökologische Landwirtschaft begonnen. Seit 1996 sind Hofkäserei und Direktvermarktung der Produkte im Hofladen und auf Wochenmärkten angeschlossen worden. 150 ha Wald werden biologisch bewirtschaftet und bilden einen eigenen Betriebsschwerpunkt. Im Frühjahr 2010 wurde dort ein Waldfriedhof, der RuheForst®Vorharz in Betrieb genommen.

Auf dem Hof befinden sich zurzeit 9 Wohnungen, weiterer Wohnraum soll zu moderner Nutzung erstellt werden. Auch für Menschen mit besonderem Betreuungsbedarf soll Wohnraum in kleinen Einheiten über den Hof verteilt geschaffen werden. Die biologische Land- und Forstwirtschaft kommt mit seiner artgerechten Tierhaltung und einem respektvollen Umgang mit unserer Umwelt menschlichen Grundbedürfnissen sehr nahe.

In Planung sind der weitere Ausbau von Forst- und Landwirtschaft, Gartenbau, Werkstätten und der Direkthandel mit Holz und Gemüse, insbesondere als Grundlage für die Arbeit mit Benachteiligten. Für unterschiedliche touristische Nutzungen ist der reizvolle Landschaftspark geeignet, aber pflegebedürftig. Für Veranstaltungen sind attraktive Räumlichkeiten vorhanden. Der gemeinnützige Verein "KlosterGut e.V." kümmert sich u.a. um die sozialen, kulturellen und denkmalpflegerischen Belange des Hofes Das alte Klostergut soll nicht nur Denkmal eines geschichtlichen Ortes sein, sondern auch Zukunft und Lebensraum für Menschen bieten: Für Menschen, die hier wohnen, hier arbeiten und leben wollen. Für Menschen, die Gegenwart leben und Zukunft gestalten wollen. Für Menschen, die sich begegnen und Gemeinschaft bilden, ähnlich den klösterlichen Grundsätzen der fast 1000-jährigen Geschichte des Ortes. Für Menschen mit Hilfebedarf, die auf dem Klostergut ein selbstbestimmtes Leben und Arbeiten verwirklichen können. Für Menschen die künstlerisch und kreativ tätig sein wollen.

Trägerschaft

Das Klostergut liegt seit 200 Jahren als Eigentum in den Händen der Familie Degener. Für die Zukunft streben wir für das Klostergut eine gemeinnützige Trägerschaft in Form einer Stiftung an, die zum einen den Unterhalt der Gebäude sicher stellt und zum anderen die unterschiedlichen Nutzungen untereinander sinnvoll sich ergänzend platziert und inhaltlich verknüpft.

Denkmalschutz

Seit über 3 Jahrzehnten ist das Klostergut Heiningen denkmalgeschützt. Begründet ist es in dem hervorragenden baugeschichtlichen Wert, den die aus dem frühen 18. Jhd. stammende Gesamtanlage darstellt.